Gesetz zum Schutz der Kulturdenkmale
(Denkmalschutzgesetz - DSchG)
in der Fassung vom 6. Dezember 1983
Zum 17.09.2008 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
1. ABSCHNITT
Denkmalschutz und Denkmalpflege
§ 1
Aufgabe
(1) Es ist Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege, die Kulturdenkmale zu schützen und zu pflegen, insbesondere den Zustand der Kulturdenkmale zu überwachen sowie auf die Abwendung von Gefährdungen und die Bergung von Kulturdenkmalen hinzuwirken.
(2) Diese Aufgabe wird vom Land und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit von den Gemeinden erfüllt.
2. ABSCHNITT
Gegenstand und Organisation des Denkmalschutzes
§ 2
Gegenstand des Denkmalschutzes
(1) Kulturdenkmale im Sinne dieses Gesetzes sind Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.
(2) Zu einem Kulturdenkmal gehört auch das Zubehör, soweit es mit der Hauptsache eine Einheit von Denkmalwert bildet.
(3) Gegenstand des Denkmalschutzes sind auch
die Umgebung eines Kulturdenkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist (§ 15 Abs. 3), sowie Gesamtanlagen (§ 19).
§ 3
Denkmalschutzbehörden
(1) Denkmalschutzbehörden sind
das Wirtschaftsministerium als oberste Denkmalschutzbehörde,
die Regierungspräsidien als höhere Denkmalschutzbehörden,
die unteren Baurechtsbehörden als untere Denkmalschutzbehörden,
das Landesarchiv als Landesoberbehörde für den Denkmalschutz im Archivwesen.
(2) Die oberste Denkmalschutzbehörde entscheidet über alle grundsätzlichen Angelegenheiten des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie über andere wichtige Angelegenheiten von landesweiter Bedeutung, insbesondere über die Aufstellung des Denkmalförderprogramms. Das Regierungspräsidium Stuttgart unterstützt die Denkmalschutzbehörden in allen landesweiten Angelegenheiten der fachlichen Denkmalpflege bei der Ausführung dieses Gesetzes. Dabei hat das Regierungspräsidium Stuttgart im Rahmen der Vorgaben der obersten Denkmalschutzbehörde insbesondere die Aufgabe,
Leitlinien konservatorischen Handelns vorzubereiten und an deren Umsetzung mitzuwirken,
die fachliche Denkmalpflege des Landes im Rahmen der Leitlinien zu koordinieren, auf die Einhaltung der Ziele eines landeseinheitlichen Vollzugs hinzuwirken und die Denkmalschutzbehörden zu beraten,
die Aufstellung des Denkmalförderprogramms unter Beteiligung der höheren Denkmalschutzbehörden vorzubereiten,
fachliche Grundlagen für die Denkmalpflege und landeseinheitliche Kriterien zur Erfassung und Bewertung von Kulturdenkmalen sowie von Gesamtanlagen zu erarbeiten und darzustellen,
in Abstimmung mit der höheren Denkmalschutzbehörde Dritte, insbesondere die Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen in Fällen von besonderer Bedeutung oder Fällen, für deren Bewertung bei ihm besonderer Sachverstand vorhanden ist, fachlich zu beraten,
Schwerpunktgrabungen durchzuführen und deren Auswertung vorzunehmen sowie Genehmigungen nach § 21 im Benehmen mit der höheren Denkmalschutzbehörde zu erteilen,
die fachliche Denkmalpflege nach innen und außen zu vertreten sowie die zentrale denkmalfachliche Öffentlichkeitsarbeit vorzubereiten und in Abstimmung mit der obersten Denkmalschutzbehörde durchzuführen und
zentrale Fachbibliotheken, Dokumentationen, Fachdatenbanken sowie sonstige zentrale Dienste zu unterhalten.
(3) Die den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften nach Absatz 1 Nr. 3 übertragenen Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörde sind Pflichtaufgaben nach Weisung; das Weisungsrecht ist nicht beschränkt. Für die Erhebung von Gebühren und Auslagen gilt das Kommunalabgabengesetz .
(4) Die unteren Denkmalschutzbehörden entscheiden nach Anhörung der höheren Denkmalschutzbehörde nach Absatz 1 Nr. 2. Will die untere Denkmalschutzbehörde von der Äußerung der höheren Denkmalschutzbehörde abweichen, so hat sie dies rechtzeitig vorher mitzuteilen. Im Bereich des Archivwesens tritt an die Stelle der höheren Denkmalschutzbehörde das Landesarchiv.
(5) Ist das Land als Eigentümer oder Besitzer betroffen, entscheidet die untere Denkmalschutzbehörde im Einvernehmen mit der für die Verwaltung des Kulturdenkmals zuständigen Landesbehörde.
(6) Leistet eine Denkmalschutzbehörde einer ihr erteilten Weisung innerhalb der gesetzten Frist keine Folge, so kann an ihrer Stelle jede Fachaufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen auf Kosten des Kostenträgers der Denkmalschutzbehörde treffen. § 129 Abs. 5 der Gemeindeordnung gilt entsprechend.
§ 4
Denkmalrat
(1) Bei den höheren Denkmalschutzbehörden wird je ein Denkmalrat gebildet. Der Denkmalrat soll von der höheren Denkmalschutzbehörde bei allen Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung gehört werden.
(2) Die Mitglieder des Denkmalrats werden von der höheren Denkmalschutzbehörde auf die Dauer von fünf Jahren berufen. Die Mitgliederzahl kann bis zu 16 Personen betragen. Dem Denkmalrat sollen insbesondere Vertreter der Denkmalschutzbehörden, der staatlichen Hochbauverwaltung, der Kirchen, der kommunalen Landesverbände und der Kulturdenkmaleigentümer sowie weitere Personen angehören, die mit den Fragen des Denkmalschutzes vertraut sind.
(3) In den Sitzungen führt der Regierungspräsident oder sein Vertreter den Vorsitz. Die Mitglieder des Denkmalrats sind ehrenamtlich tätig.
(4) Die höhere Denkmalschutzbehörde erläßt eine Geschäftsordnung für den Denkmalrat, die auch das Berufungsverfahren und das Vorschlagsrecht regelt. Die Geschäftsordnung kann bestimmen, daß der Denkmalrat Fachausschüsse bildet, an die Aufgaben delegiert werden können.
§ 5
Entschädigungen
Die oberste Denkmalschutzbehörde kann mit Zustimmung des Finanzministeriums durch Rechtsverordnung die Entschädigung und den Reisekostenersatz für die Beauftragten der Denkmalschutzbehörden regeln. Dabei können Durchschnittssätze festgesetzt werden.
3. ABSCHNITT
Allgemeine Schutzvorschriften
§ 6
Erhaltungspflicht
Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen haben diese im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln. Das Land trägt hierzu durch Zuschüsse nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bei.
§ 7
Maßnahmen und Zuständigkeit der
Denkmalschutzbehörden
(1) Die Denkmalschutzbehörden haben zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihnen nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die Vorschriften der §§ 6, 7 und 9 des Polizeigesetzes finden sinngemäß Anwendung.
(2) Soweit ein Vorhaben einer Genehmigung nach diesem Gesetz bedarf, kann diese mit Bedingungen oder Auflagen verknüpft werden.
(3) Bedarf ein Vorhaben nach anderen Vorschriften einer Genehmigung, tritt die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde an die Stelle der Genehmigung nach diesem Gesetz.
(4) Soweit nicht etwas Abweichendes bestimmt ist, ist die untere Denkmalschutzbehörde zuständig. Erscheint bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Denkmalschutzbehörde nicht erreichbar, so kann die höhere Denkmalschutzbehörde oder im Bereich des Archivwesens das Landesarchiv oder, falls auch diese nicht rechtzeitig tätig werden können, der Polizeivollzugsdienst die erforderlichen vorläufigen Maßnahmen treffen. Die zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.
(5) Ist als Eigentümer oder Besitzer eine kommunale Körperschaft betroffen, so entscheidet
1.die höhere Denkmalschutzbehörde
bei Stadt- und Landkreisen, Großen Kreisstädten sowie Verwaltungsgemeinschaften nach § 14 des Landesverwaltungsgesetzes, die der Rechtsaufsicht des Regierungspräsidiums unterstehen, und den ihnen angehörenden Gemeinden,
2.das Landratsamt als untere Denkmalschutzbehörde
bei Verwaltungsgemeinschaften nach § 14 des Landesverwaltungsgesetzes, die der Rechtsaufsicht des Landratsamts unterstehen, und den ihnen angehörenden Gemeinden, bei sonstigen Gemeinden mit Baurechtszuständigkeit sowie bei sonstigen Verwaltungsgemeinschaften mit Baurechtszuständigkeit und den ihnen angehörenden Gemeinden.
§ 8
Allgemeiner Schutz von Kulturdenkmalen
(1) Ein Kulturdenkmal darf nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde
zerstört oder beseitigt werden,
in seinem Erscheinungsbild beeinträchtigt werden oder
aus seiner Umgebung entfernt werden, soweit diese für den Denkmalwert von wesentlicher Bedeutung ist.
(2) Dies gilt für bewegliche Kulturdenkmale nur, wenn sie allgemein sichtbar oder zugänglich sind.
§ 9
Sammlungen
Von den Genehmigungspflichten nach diesem Gesetz sind Kulturdenkmale ausgenommen, die von einer staatlichen Sammlung verwaltet werden. Die oberste Denkmalschutzbehörde kann andere Sammlungen von den Genehmigungspflichten ausnehmen, soweit sie fachlich betreut werden.
§ 10
Auskunfts- und Duldungspflichten
(1) Eigentümer und Besitzer sind verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, die zur Erfüllung der Aufgaben des Denkmalschutzes notwendig sind.
(2) Die Denkmalschutzbehörden oder ihre Beauftragten sind berechtigt, Grundstücke und zur Verhütung dringender Gefahr für Kulturdenkmale Wohnungen zu betreten und Kulturdenkmale zu besichtigen, soweit es zur Erfüllung der Aufgaben des Denkmalschutzes erforderlich ist. Sie sind zu den erforderlichen wissenschaftlichen Erfassungsmaßnahmen - wie der Inventarisation - berechtigt; insbesondere können sie in national wertvolle oder landes- oder ortsgeschichtlich bedeutsame Archive oder entsprechende andere Sammlungen Einsicht nehmen. Artikel 13 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt.
(3) Kirchen, die nicht dauernd für die Öffentlichkeit zugänglich sind, dürfen nur mit Zustimmung betreten werden. Öffentliche Kirchenräume dürfen nur außerhalb des Gottesdienstes besichtigt werden.
§ 11
Kulturdenkmale, die dem Gottesdienst dienen
(1) Die Denkmalschutzbehörden haben bei Kulturdenkmalen, die dem Gottesdienst dienen, die gottesdienstlichen Belange, die von der oberen Kirchenbehörde oder der entsprechenden Stelle der betroffenen Religionsgemeinschaft festzustellen sind, vorrangig zu beachten. Vor der Durchführung von Maßnahmen setzen sich die Denkmalschutzbehörden mit der oberen Kirchenbehörde oder der entsprechenden Stelle der betroffenen Religionsgemeinschaft ins Benehmen.
(2) § 7 Abs. 1, § 8 sowie § 15 Abs. 1 und 2 finden keine Anwendung auf Kulturdenkmale, die im kirchlichen Eigentum stehen, soweit sie dem Gottesdienst dienen und die Kirchen im Einvernehmen mit der obersten Denkmalschutzbehörde eigene Vorschriften zum Schutz dieser Kulturdenkmale erlassen. Vor der Durchführung von Vorhaben im Sinne der erwähnten Bestimmungen ist die höhere Denkmalschutzbehörde zu hören. Kommt eine Einigung mit der höheren Denkmalschutzbehörde nicht zustande, so entscheidet die obere Kirchenbehörde im Benehmen mit der obersten Denkmalschutzbehörde.
(3) Der 8. Abschnitt dieses Gesetzes ist auf kircheneigene Kulturdenkmale nicht anwendbar.
4. ABSCHNITT
Zusätzlicher Schutz für eingetragene
Kulturdenkmale
§ 12
Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung
(1) Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung genießen zusätzlichen Schutz durch Eintragung in das Denkmalbuch.
(2) Bewegliche Kulturdenkmale werden nur eingetragen,
wenn der Eigentümer die Eintragung beantragt oder
wenn sie eine überörtliche Bedeutung haben oder zum Kulturbereich des Landes besondere Beziehungen aufweisen oder
wenn sie national wertvolles Kulturgut darstellen oder
wenn sie national wertvolle oder landes- oder ortsgeschichtlich bedeutsame Archive darstellen oder
wenn sie auf Grund internationaler Empfehlungen zu schützen sind.
(3) Die Eintragung ist zu löschen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
§ 13
Eintragungsverfahren
(1) Für die Eintragung und Löschung ist die höhere Denkmalschutzbehörde zuständig.
(2) Bei einem unbeweglichen Kulturdenkmal ist die Gemeinde zu hören, in deren Gebiet es sich befindet.
(3) Bestehen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erhebliche Zweifel, wer Eigentümer eines Kulturdenkmals ist, so können Verwaltungsakte der Denkmalschutzbehörden öffentlich bekanntgegeben werden.
(4) Die Eintragung wirkt für und gegen den Rechtsnachfolger.
§ 14
Denkmalbuch
(1) Das Denkmalbuch wird von der höheren Denkmalschutzbehörde geführt.
(2) Die Einsicht in das Denkmalbuch ist jedermann gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt.
§ 15
Wirkung der Eintragung
(1) Ein eingetragenes Kulturdenkmal darf nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde
wiederhergestellt oder instand gesetzt werden,
in seinem Erscheinungsbild oder seiner Substanz verändert werden,
mit An- oder Aufbauten, Aufschriften oder Werbeeinrichtungen versehen werden,
von seinem Stand- oder Aufbewahrungsort insoweit entfernt werden, als bei der Eintragung aus Gründen des Denkmalschutzes verfügt wird, das Kulturdenkmal dürfe nicht entfernt werden.
Einer Genehmigung bedarf auch die Aufhebung der Zubehöreigenschaft im Sinne von § 2 Abs. 2 .
(2) Aus einer eingetragenen Sachgesamtheit, insbesondere aus einer Sammlung, dürfen Einzelsachen nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde entfernt werden. Die höhere Denkmalschutzbehörde kann allgemein genehmigen, daß Einzelsachen im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung entfernt werden.
(3) Bauliche Anlagen in der Umgebung eines eingetragenen Kulturdenkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist, dürfen nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde errichtet, verändert oder beseitigt werden. Andere Vorhaben bedürfen dieser Genehmigung, wenn sich die bisherige Grundstücksnutzung ändern würde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das Vorhaben das Erscheinungsbild des Denkmals nur unerheblich oder nur vorübergehend beeinträchtigen würde oder wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls unausweichlich Berücksichtigung verlangen.
§ 16
Anzeigepflichten
(1) Eigentümer und Besitzer haben Schäden oder Mängel, die an eingetragenen Kulturdenkmalen auftreten und die ihre Erhaltung gefährden können, unverzüglich einer Denkmalschutzbehörde anzuzeigen.
(2) Wird ein eingetragenes Kulturdenkmal veräußert, so haben Veräußerer und Erwerber den Eigentumswechsel innerhalb von einem Monat einer Denkmalschutzbehörde anzuzeigen.
§ 17
Vorläufiger Schutz
Die höhere Denkmalschutzbehörde kann anordnen, daß Sachen, Sachgesamtheiten oder Teile von Sachen, mit deren Eintragung als Kulturdenkmal in das Denkmalbuch zu rechnen ist, vorläufig als eingetragen gelten. Die Anordnung tritt außer Kraft, wenn die Eintragung nicht binnen eines Monats eingeleitet und spätestens nach sechs Monaten bewirkt wird. Bei Vorliegen wichtiger Gründe kann diese Frist um höchstens drei Monate verlängert werden.
§ 18
Besonderer Schutz bei Katastrophen
(1) Die oberste Denkmalschutzbehörde wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die zum Schutz eingetragener Kulturdenkmale für den Fall von Katastrophen erforderlichen Vorschriften zu erlassen. Dabei können insbesondere die Eigentümer und Besitzer verpflichtet werden,
den Aufbewahrungsort von Kulturdenkmalen zu melden,
Kulturdenkmale mit den in internationalen Verträgen vorgesehenen Kennzeichen versehen zu lassen,
Kulturdenkmale zu bergen, besonders zu sichern, bergen oder besonders sichern zu lassen oder sie zum Zwecke der vorübergehenden Verwahrung an Bergungsorten auf Anordnung der Denkmalschutzbehörde abzuliefern,
die wissenschaftliche Erfassung von Kulturdenkmalen oder sonstige zu ihrer Dokumentierung, Sicherung oder Wiederherstellung von der Denkmalschutzbehörde angeordnete Maßnahmen zu dulden.
Soweit in der Rechtsverordnung eine Ablieferungspflicht vorgesehen wird, ist anzuordnen, daß die abgelieferten Sachen unverzüglich den Berechtigten zurückzugeben sind, sobald die weitere Verwahrung an einem Bergungsort zum Schutz der Kulturdenkmale nicht mehr erforderlich ist.
(2) Die Ermächtigung nach Absatz 1 kann von der obersten Denkmalschutzbehörde durch Rechtsverordnung auf die nachgeordneten Denkmalschutzbehörden übertragen werden.
5. ABSCHNITT
Gesamtanlagen
§ 19
(1) Die Gemeinden können im Benehmen mit der höheren Denkmalschutzbehörde Gesamtanlagen, insbesondere Straßen-, Platz- und Ortsbilder, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein besonderes öffentliches Interesse besteht, durch Satzung unter Denkmalschutz stellen.
(2) Veränderungen an dem geschützten Bild der Gesamtanlage bedürfen der Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Veränderung das Bild der Gesamtanlage nur unerheblich oder nur vorübergehend beeinträchtigen würde oder wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls unausweichlich Berücksichtigung verlangen. Die Denkmalschutzbehörde hat vor ihrer Entscheidung die Gemeinde zu hören.
6. ABSCHNITT
Fund von Kulturdenkmalen
§ 20
Zufällige Funde
(1) Wer Sachen, Sachgesamtheiten oder Teile von Sachen entdeckt, von denen anzunehmen ist, daß an ihrer Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, hat dies unverzüglich einer Denkmalschutzbehörde oder der Gemeinde anzuzeigen. Der Fund und die Fundstelle sind bis zum Ablauf des vierten Werktages nach der Anzeige in unverändertem Zustand zu erhalten, sofern nicht die Denkmalschutzbehörde mit einer Verkürzung der Frist einverstanden ist. Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn damit unverhältnismäßig hohe Kosten oder Nachteile verbunden sind und die Denkmalschutzbehörde es ablehnt, hierfür Ersatz zu leisten.
(2) Die höhere Denkmalschutzbehörde und ihre Beauftragten sind berechtigt, den Fund auszuwerten und, soweit es sich um bewegliche Kulturdenkmale handelt, zu bergen und zur wissenschaftlichen Bearbeitung in Besitz zu nehmen.
(3) Die Gemeinden sind verpflichtet, die ihnen bekanntwerdenden Funde unverzüglich der höheren Denkmalschutzbehörde mitzuteilen.
§ 21
Nachforschungen
Nachforschungen, insbesondere Grabungen, mit dem Ziel, Kulturdenkmale zu entdecken, bedürfen der Genehmigung.
§ 22
Grabungsschutzgebiete
(1) Die untere Denkmalschutzbehörde ist ermächtigt, Gebiete, die begründeter Vermutung nach Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung bergen, durch Rechtsverordnung zu Grabungsschutzgebieten zu erklären.
(2) In Grabungsschutzgebieten dürfen Arbeiten, durch die verborgene Kulturdenkmale zutage gefördert oder gefährdet werden können, nur mit Genehmigung der höheren Denkmalschutzbehörde vorgenommen werden. Die bisherige land- und forstwirtschaftliche Nutzung bleibt unberührt.
§ 23
Schatzregal
Bewegliche Kulturdenkmale, die herrenlos sind oder die so lange verborgen gewesen sind, daß ihr Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, werden mit der Entdeckung Eigentum des Landes, wenn sie bei staatlichen Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten entdeckt werden oder wenn sie einen hervorragenden wissenschaftlichen Wert haben.
7. ABSCHNITT
Entschädigung
§ 24
(1) Soweit Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes enteignende Wirkung haben, ist eine angemessene Entschädigung zu leisten. §§ 7 bis 13 des Landesenteignungsgesetzes gelten entsprechend.
(2) Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, so entscheidet die höhere Denkmalschutzbehörde.
8. ABSCHNITT
Förmliche Enteignung
§ 25
Voraussetzungen der Enteignung
(1) Die Enteignung ist zulässig, soweit die Erhaltung eines eingetragenen Kulturdenkmals oder seines Erscheinungsbildes oder die Erhaltung einer geschützten Gesamtanlage auf andere zumutbare Weise nicht gesichert werden kann.
(2) Die Enteignung ist außerdem zulässig
bei Funden, soweit auf andere Weise nicht sicherzustellen ist, daß ein Kulturdenkmal wissenschaftlich ausgewertet werden kann oder allgemein zugänglich ist,
bei Kulturdenkmalen, soweit auf andere Weise nicht sicherzustellen ist, daß sie wissenschaftlich erfaßt werden können.
(3) Zum Zwecke von planmäßigen Nachforschungen ist die Enteignung zulässig, wenn eine begründete Vermutung dafür besteht, daß durch die Nachforschung Kulturdenkmale entdeckt werden.
§ 26
Enteignung beweglicher Sachen
(1) Ist Gegenstand der Enteignung eine bewegliche Sache, ein Recht an einer beweglichen Sache oder ein Recht, das zum Erwerb, Besitz oder zur Nutzung der beweglichen Sache berechtigt oder den Verpflichteten in der Nutzung der beweglichen Sache beschränkt, gelten §§ 4, 5, 7 bis 13, 17, § 22 Abs. 1, 3 und 4, §§ 23, 27 bis 36, 39, 40, 42 und 43 des Landesenteignungsgesetzes entsprechend. In der Ausführungsanordnung können der Eigentümer und der Besitzer verpflichtet werden, die Sache an den Enteignungsbegünstigten herauszugeben.
(2) Ist zur Erhaltung, wissenschaftlichen Erfassung oder Auswertung eines Kulturdenkmals die sofortige Herausgabe an den Antragsteller dringend geboten, kann die Enteignungsbehörde den Eigentümer oder Besitzer verpflichten, die Sache an den Antragsteller herauszugeben. Im übrigen gelten § 37 Abs. 2 bis 5 und § 38 Abs. 2 und 3 des Landesenteignungsgesetzes entsprechend.
9. ABSCHNITT
Ordnungswidrigkeiten und
Schlußbestimmungen
§ 27
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
ohne Genehmigung der Denkmalschutzbehörde die in § 8, § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2, § 21, § 22 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Handlungen vornimmt oder den in Genehmigungen enthaltenen vollziehbaren Auflagen zuwiderhandelt,
den ihn nach § 16, § 20 Abs. 1 treffenden Pflichten zuwiderhandelt,
den Maßnahmen der Denkmalschutzbehörden nach § 7 Abs. 1 oder 4 zuwiderhandelt, sofern die Behörde auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
den Vorschriften einer nach § 18 erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
ohne Genehmigung der Denkmalschutzbehörde entgegen § 19 Abs. 2 Satz 1 Veränderungen an dem geschützten Bild einer Gesamtanlage vornimmt oder den in Genehmigungen enthaltenen vollziehbaren Auflagen zuwiderhandelt, soweit die Gesamtanlage durch Rechtsverordnung nach § 19 Abs. 1 dieses Gesetzes in der bis zum 31. Dezember 1983 geltenden Fassung unter Denkmalschutz gestellt wurde,
den Vorschriften einer nach § 19 Abs. 1 erlassenen Satzung zuwiderhandelt, soweit die Satzung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 100000, in besonders schweren Fällen bis zu 500000 Deutsche Mark geahndet werden.
(3) Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nr. 1, 3 oder 4 bezieht, können eingezogen werden.
(4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die untere Denkmalschutzbehörde.
§ 28
Übergangsbestimmungen
(1) Als Eintragung in das Denkmalbuch gemäß § 12 gilt die Eintragung in
das Denkmalbuch und das Buch der Bodenaltertümer nach dem bad. Landesgesetz zum Schutz der Kulturdenkmale,
das auf Grund von Artikel 97 Abs. 7 der württ. Bauordnung angelegte Landesverzeichnis der Baudenkmale,
das auf Grund von § 34 der bad. Landesbauordnung angelegte Verzeichnis der Baudenkmale,
das Verzeichnis der Denkmäler nach Artikel 8 und 10 des hess. Gesetzes den Denkmalschutz betreffend vom 16. Juli 1902 (RegBl. S. 275),
das Denkmalverzeichnis gemäß Verfügung des württ. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens, betreffend den Schutz von Denkmalen und heimatlichem Kunstbesitz, vom 25. Mai 1920 (RegBl. S. 317).
(2) Die Eintragungen nach Absatz 1 sollen in das nach diesem Gesetz anzulegende Denkmalbuch nach den für Neueintragungen geltenden Bestimmungen übertragen werden.
(3) Straßen-, Platz- und Ortsbilder, die nach dem bad. Denkmalschutzgesetz geschützt waren, behalten diese Eigenschaft gemäß § 19, soweit der Schutz im Einvernehmen mit der Gemeinde verfügt worden ist. Gebiete, die nach dem bad. Denkmalschutzgesetz zu Grabungsschutzgebieten erklärt waren, werden Grabungsschutzgebiete gemäß § 22 .
(4) Kulturdenkmale im Eigentum des Staates und öffentlich-rechtlicher Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen, die nicht in das Denkmalbuch eingetragen sind, aber eine besondere Bedeutung besitzen, stehen bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes den eingetragenen Kulturdenkmalen gleich.
(5) Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Fideikommißauflösung zum Schutz von Gegenständen und Sachgesamtheiten von besonderem künstlerischen, wissenschaftlichen, geschichtlichen oder heimatlichen Wert getroffen sind, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Solche Maßnahmen können geändert, an die Vorschriften dieses Gesetzes angepaßt oder aufgehoben werden. Zuständig hierfür sind die höheren Denkmalschutzbehörden. Sie haben auch die zur Durchsetzung der Maßnahmen erforderlichen Anordnungen zu treffen. Soweit zur Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes oder zur Vornahme einer Handlung die Genehmigung des Fideikommißgerichts erforderlich war, geht die Genehmigungszuständigkeit auf die höhere Denkmalschutzbehörde über.
§ 29
Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1972 in Kraft. 1
(2) Gleichzeitig treten alle diesem Gesetz entsprechenden oder widersprechenden Vorschriften außer Kraft, insbesondere
das bad. Landesgesetz zum Schutz der Kulturdenkmale (Badisches Denkmalschutzgesetz) vom 12. Juli 1949 (GVBl. S. 303),
das württ. Gesetz betreffend den vorläufigen Schutz von Denkmalen im Eigentum bürgerlicher oder kirchlicher Gemeinden sowie öffentlicher Stiftungen vom 14. März 1914 (RegBl. S. 45),
das württ. Gesetz betreffend den vorläufigen Schutz von Denkmalen und heimatlichem Kunstbesitz vom 14. Mai 1920 (RegBl. S. 305),
die Verfügung des württ. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens, betreffend den Schutz von Denkmalen und heimatlichem Kunstbesitz, vom 25. Mai 1920 (RegBl. S. 317),
§ 131 des Polizeistrafgesetzbuches für Baden vom 31. Oktober 1863 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 1923 (GVBl. S. 216),
die bad. Verordnung vom 27. November 1914, Ausgrabungen und Funde betreffend (GVBl. S. 290), das preuß. Ausgrabungsgesetz vom 26. März 1914 (GS S. 41),
die württ. Verfügung des Ministeriums des Innern über Baudenkmale vom 14. Januar 1912 (RegBl. S. 10), Artikel 97 der württ. Bauordnung vom 28. Juli 1910 (RegBl. S. 333),
§§ 6 und 7 des Gesetzes über das Erlöschen der Fideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen vom 6. Juli 1938 (RGBl. I S. 825) und § 7 der Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes über das Erlöschen der Fideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen vom 20. März 1939 (RGBl. I S. 509), soweit sie den Schutz und die Sicherung von Gegenständen und Sachgesamtheiten von besonderem künstlerischen, wissenschaftlichen, geschichtlichen und heimatlichen Wert betreffen, die Verfügungen Nr. 41 und 42 des württ.-bad. Kultministeriums betr. den Denkmalschutz von Innenräumen vom 18. Juli 1946 (RegBl. S. 215) und vom 19. Dezember 1946 (RegBl. 1947 S. 1).
Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg
Moderator:vtmue